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Alternatives Jugendzentrum
"Onkel Willi"

Ausgangssituation/Vorgeschichte

Das Alternative Jugendzentrum besteht seit 1993 in Neubrandenburg. Fehlende Verwirklichungsmöglichkeiten bei bestehenden Angeboten der Jugendarbeit, ein notwendiger Schutzraum vor einer gewalttätig agierenden und dominanten Neonazi-Szene und mangelnde Akzeptanz für nonkonforme Jugendkulturen waren Ausgangspunkte für die Gründung des AJZ. Bis 1997 etablierte es sich in einer Baracke in der Wolgaster Straße. Zwischen 1998 und 2003 fand das AJZ ein neues Domizil in der Speicherstraße und konnte dort seine Angebote fortführen und erweitern. Mit seiner Arbeit erreichte das AJZ über 600 Jugendliche aus Neubrandenburg und Umgebung. Leider war das AJZ zwischen September 2003 und Mai 2005 obdachlos.

Mit dem Abschluss des neuen Mietvertrages im ehemaligen „Onkel Willi“ in der Seestraße hatte der Verein die Möglichkeit, seine Arbeit endlich wieder fortzusetzen und die Jugendkulturarbeit in der Stadt zu bereichern. Zahlreiche Jugendliche engagierten sich, um das neue Vereinsgebäude herzurichten.

Selbstverständnis

Das AJZ versteht sich als weitgehend selbstbestimmter und selbstverwalteter Freiraum für Menschen vorrangig zwischen 14 und 27 Jahren. Andere Lebensorte, wie Schule, Ausbildung und Job, werden meist als durchstrukturiert, fremdbestimmt und frustrierend empfunden und sind immer mehr an einer möglichst guten Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt orientiert. Das AJZ will ein Umfeld schaffen, in dem Freizeit eigenverantwortlich und gemeinschaftlich gestaltet werden kann. Die NutzerInnen können sich hier selbst und gemeinsam mit anderen in bestimmten Lebensbereichen verwirklichen. Spaß an der Sache, die Entwicklung eigener emanzipierter Perspektiven, die Akzeptanz anderer Lebensentwürfe, die Übernahme von Verantwortung und das Finden gemeinsamer Lösungen von Aufgaben und Problemen sind dabei wichtige Faktoren (in Übereinstimmung mit §11 KJHG).

Das AJZ versteht sich als alternativ, weil die NutzerInnen sich selbst "betreuen". Statt nach Anleitung durch SozialarbeiterInnen werden die eigenen Erfahrungen, Vorstellungen und Kompetenzen genutzt und weitergegeben. Das AJZ versteht sich als alternativ, weil hier ein kritischer Umgang mit gesellschaftlichen Realitäten und Versuche, andere Wege zu gehen, gefördert werden. Das betrifft zum einen das Zusammenleben im AJZ, wie etwa durch den Abbau von Hierarchien, unkommerzielle Bewirtschaftung, Verteilung von Aufgaben, politische Bildung oder das Konsensprinzip. Zum anderen versteht sich das AJZ auch als Teil dieser Stadt und will über das Gebäude hinaus kritisch und aktiv Veränderungen bewirken.

Das AJZ arbeitet auch auf einen internationalen Austausch zwischen Jugendlichen hin und fördert und organisiert antifaschistische Jugendarbeit in Neubrandenburg und M-V.

Strukturen

Das Alternative Jugendzentrum ist Mieter des Gebäudes "Onkel Willi" am Brodaer Strand in Neubrandenburg. Der Vermieter ist privat. Das AJZ ist als gemeinnützig anerkannt und im Vereinsregister mit Vorstand eingetragen. Entscheidungen das AJZ betreffend werden gemeinsam auf einem wöchentlichen Plenum getroffen, bei dem zwischen 15 und 25 NutzerInnen anwesend sind. Entscheidungsberechtigt ist das Plenum bei einer Teilnehmerzahl von mindestens 10 Personen. Zusätzlich gibt es Projektgruppen (Infoladen, Finanzen, Café, Veranstaltungen...), die ihre Arbeit mit dem Plenum abstimmen.

Darüber hinaus findet eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit anderen Vereinen in Neubrandenburg, wie z.B. Zebra e.V., Tabulos e.V., Mosaik e.V. oder LOBBI e.V. und mit Vereinen in M-V, wie z.B. JAZ Rostock e.V., IKUWO e.V. Greifswald oder Knackpunkt e.V. Schwerin statt. Beim Alternativen Jugendcamp M-V ("AJUCA") sind und waren Jugendliche des AJZ ebenfalls an der Organisation und Durchführung beteiligt.

Vertreter des AJZ stehen in ständigem Kontakt zu Mitarbeitern des Jugendamtes.

Kosten und Finanzierung

Der mit dem Aufbau und Betrieb des Jugendzentrums verbundene erhebliche Arbeitsaufwand wird vollständig ehrenamtlich und unentgeltlich durch die NutzerInnen des AJZ bewältigt. Dazu gehören insbesondere Raumgestaltung, Baumaßnahmen, Reinigung, Cafébetrieb, Veranstaltungsorganisation und -durchführung, Technikbetreuung, Security, Verwaltung sowie inhaltliche Projektentwicklung- und Durchführung.

Für Miete, Versicherung und Betriebskosten fallen monatliche Kosten von ca. 2100,-€ an. Weitere Kosten entstehen einmalig für Sicherung der Fenster. Hinzu kommen übliche jährliche Kosten für kleinere Maßnahmen zur Unterhaltung und Bewirtschaftung des Gebäudes und Geländes, Verbrauchsmaterialien, Technikverschleiß usw..

Der Verein wird seit Bestehen durch das Jugendamt Neubrandenburg gefördert. Zuletzt wurde die Förderung fast ausschließlich für die Begleichung von Mieten und Betriebskosten genutzt. Für das Jahr 2009 sind 10.000,- für das AJZ eingestellt. Der Verein arbeitet mit dem Jugendamt und anderen UnterstützerInnen daraufhin, diese Förderung auch in Zukunft zu erhalten.
Die NutzerInnen entwickeln ein Konzept, die fehlenden Mittel zu erwirtschaften bzw. einzuwerben. Dazu werden insbesondere die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Cafés geprüft, monatliche Veranstaltungen mit AJZ bezogener Verwendung des Eintritts durchgeführt, Jahreskarten für UnterstützerInnen verkauft, EinzelspenderInnen und Fördermitglieder geworben. Hinzu kommen mögliche Sachspenden und Einzelprojektanträge bei Stiftungen u.ä.

Café "DruschBar"

Das Café nimmt mit vier Räumen den größten Platz ein und wird deshalb vielseitig genutzt. Hier können Jugendliche ihre Freizeit eigenverantwortlich gestalten und organisieren. Derzeit ist das Café zweimal wöchentlich geöffnet. Das Angebot ist kostengünstig sein. Das Café soll kein geschlossener Mitgliederbereich, sondern offen für jeden Gast sein. Einzig rassistisches und sexistisches Gedankengut sind inakzeptabel. In den Räumlichkeiten des Cafés werden Buchlesungen, Vorträge, Film- und Infoveranstaltungen stattfinden. Die Einnahmen durch den Cafébetrieb werden zum Großteil für die Begleichung der laufenden Kosten verwendet.

Konzerte / Proberäume / Backstage / Partys / Veranstaltungstechnik

Für die Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen hat sich im AJZ eine offene Veranstaltungsgruppe gebildet. Die Gruppe steht in ständiger Rücksprache mit dem Plenum. Sie können eigenverantwortlich Bandkontakte herstellen, den Veranstaltungsplan organisieren und koordinieren, Veranstaltungen technisch durchführen und betreuen, Veranstaltungstechnik verleihen und warten und für die Bandunterbringung und -betreuung sorgen. Die Gruppe vereinbart Honorare mit und für die Künstler. Die Abrechnung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Finanzgruppe.

Außerdem hält die Gruppe den Kontakt zu zahlreichen Bands, die in den vergangen 16 Jahren im AJZ auftraten und wieder auftreten möchten.

Durch den Ausbau des Dachgeschosses verfügt das AJZ über einen ausreichenden und guten Übernachtungs- und Aufenthaltsraum für die Künstler. Neben Bands können auch andere Gäste die Räumlichkeiten beanspruchen. So ist der Raum zum Beispiel auch Seminargruppen zugängig.

Zur Erwirtschaftung der dringend benötigten Eigenmittel finden neben den Konzerten auch regelmäßig Partys statt. Außerdem wird die Außenbühne für vier - fünf Open-Air-Veranstaltungen im Jahr genutzt. Notwendige Absprachen mit den zuständigen Ämtern führt die Veranstaltungsgruppe selbständig durch.

Infoladen "...Stunk!"

Der Infoladen ist mit einem Raum an das Café angeschlossen und wird regelmäßig und zu Veranstaltungen geöffnet. Ziel ist dabei, die zum Teil teuren Medien für die NutzerInnen zugänglich zumachen. Hier werden Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Comics, Fanzines usw. angeboten, die im Laden gelesen, oder wenn gewünscht, zu einem kleinen Teil auch gekauft werden können. Hinzukommen PCs mit Internetzugang. Für Veranstaltungen außerhalb des AJZ werden eine Plattentauschkiste und ein unkommerzieller Büchertisch genutzt.

Die Infoladengruppe betreut die Räumlichkeiten und organisiert Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen und Filmvorführungen innerhalb und außerhalb des AJZ. Inhaltliche Schwerpunkte sind bei der Literatur und den Veranstaltungen: Gesellschaftsutopien, (Anti)Rassismus und andere extrem rechte Einstellungen, Jugendkulturen, Drogen, Geschichte und Globalisierung. Hinzu kommen praxisorientierte Workshops z.B. zu Öffentlichkeitsarbeit (Gestaltung von Flyern und Plakaten) oder Homepagegestaltung. Dabei arbeitet die Infoladengruppe mit anderen Gruppen oder Weiterbildungsträgern zusammen bzw. nutzt vorhandene Kompetenzen unter den AJZ-NutzerInnen.

Büro

Im Dachgeschoß hat das AJZ-Büro einen Extraraum bezogen. Hier werden sämtliche Verwaltungsunterlagen gesammelt und archiviert. Zum Büro hat nur die Finanzgruppe Zutritt. Da ein höherer finanzieller Eigenanteil für die Existenz des AJZ aufgebracht werden muss, ist eine bessere Strukturierung der Finanzgruppe und deren Aufgaben nötig. Die Finanzgruppe plant beantragt und rechnet den Haushalt für das AJZ in Eigenregie und ohne Sozialarbeiter ab.

Küche

Eine regelmäßige Nutzung der Küche durch den Verein ist nicht geplant. Viele der AJZ-NutzerInnen praktizieren eine vegetarische oder vegane Lebensweise. In Eigenverantwortung findet sich deshalb jedoch gelegentlich eine Gruppe Jugendlicher zur veganen „Volxküche“ zusammen. Dabei handelt es sich nicht um die Bereitstellung eines gastronomischen Angebots, sondern um gemeinsames Kochen und Essen veganer Gerichte zum Erfahrungsaustausch in Sachen Tierrecht und veganer Ernährung.

Gelände

Das ca. 5000m² umfassende Gelände wird durch die Jugendlichen nach eigenen Vorstellungen gesäubert, gepflegt und angelegt - unter ökologischen Gesichtspunkten und im Einklang mit der Natur. Das AJZ wird auf seinem Gelände keine Parkplätze weder für Mitglieder noch für Gäste, anlegen, sondern motiviert dazu, mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu kommen.